Derzeit ist China groß in den Medien. China investiert in vielen Ländern, um eine neue Seidenstraße zu etablieren. Natürlich nicht, um zu importieren, sondern den Europäischen Markt noch mehr mit Gütern beglücken zu können. Polen und Ungarn haben sich bereits teilweise über „Panda Anleihen“ finanziert, Österreich will sich ebenfalls über chinesische Banken finanzieren. Und der Politikwissenschaftler Carlo Masala sagt „China ist die kommende Supermacht mit dem Potenzial, die Regeln des internationalen Systems zu verändern.“, was auch einen Machtwechsel im militärischen Bereich beinhaltet. Und die FDP biedert sich schon mal willfährig an, Christian Lindner beginnt seine Rede auf dem Parteitag auf chinesisch und redet davon, dass unsere Kinder bald nicht nur Englisch sondern auch Chinesisch lernen werden.
Nicht Ursache sondern Phänomen
Aber all das sind nicht Ursachen sondern Phänomene. Die eigentliche Ursache dieses kometenhaften und andauernden Aufstiegs ist, dass die chinesische Regierung das kapitalistische Weltwirtschaftssystem analysiert hat und gekonnt dessen Schwächen gegen die anderen Länder ausspielt. So erlangen sie Billionen an Überschüssen, mit denen sie Unternehmen und Know How, sowie Ländereinen und Bodenschätze im Ausland aufkaufen, um ihre Position weiter auszubauen. (im Artikel Das wahre Geheimnis hinter Chinas Wirtschaftsmacht und Afrikas Armut wurde schon eimal auf die Zusammenhänge hingewiesen.)
Währung + Bodenrecht ist der Schlüssel
Die Währungstheorie besagt, dass eine schwache Währung zu höheren Exporten führt und damit der Wohlstand in diesem Land zunimmt. Sie verschweigt aber den großen Nachteil: Das Ausland mit starker Währung kann mit geringem Aufwand Grund und Boden, Unternehmen und Immobilien in diesem Land kaufen. Mittelfristig gehören damit die Gewinne aus Produktion, Dividende, Mieteinnahmen und Wertsteigerungen dem Ausland. Dieses Schicksal erleidet beispielsweise der Kontinent Afrika.
China bestimmt den Währungskurs selbst, weil der Yuan ausschließlich in den staatlichen chinesischen Wechselbehörden gegen Fremdwährung getauscht werden kann. Und der Kurs ist auf diese Weise stetig niedriger, als er nach Währungsmarkt sein müsste. Dadurch hat China einen nachhaltigen Preisvorteil im Weltmarkt, der nicht aufholbar ist, ohne das System zu verändern.
Der Trick mit dem Eigentum
In China aber kann kein Ausländer Grund erwerben, siehe z.B. diese Arbeit über chinesisches Bodenrecht oder hier (Man kann ein Grundstück wählen, die öffentliche Hand macht ein Pachtangebot über maximal 50 Jahre und man kann dann entscheiden, ob man es annimmt.) Ebenso ist der Handel mit chinesischen Wertpapieren für Ausländer an den meisten Börsen Chinas nicht zugelassen. Damit entfällt der Nachteil der schwachen Währung und die Gewinne bleiben in China.
Aber nicht nur das. Da der Anteil der Bodenrente aus Mieten und Pachten an die öffentliche Hand fließen, erzielt diese immense Überschüsse. Auf diese Weise konnte der chinesische Staat rund 4 Billionen Dollar (!) Währungsreserven aufbauen.
Immense Einnhahmen ermöglichen niedrige Steuern auf Arbeit
Aufgrund der immensen Einnahmen kann China auch die Steuern auf Arbeit viel geringer halten wie dies z.B. in Deutschland der Fall ist. In Deutschland wird die Hauptsteuerlast von Einkommenstür auf Arbeit und Mehrwertsteuer getragen. Die Vermögenseinkommen leisten insgesamt einen Beitrag von 8 Milliarden Euro, das ist nichts im vergleich zu den und 800 Milliarden Vermögenseinkommen, die in unserer Volkswirtschaft erzielt werden. Die Kapitalkosten sind ein weiterer entscheidender Faktor, der unsere Wirtschaft belastet, rund 1/3 der Einnahmen von Unternehmen fließen direkt und indirekt als Kapitalkosten in Ausschüttungen, Zinsen und Pacht.
Ausverkauf Europas und Afrikas, Militär, Seidenstraße
Mit den gewaltigen Überschüssen in Unternehmen und Staat kauf China sehr bewusst Technologieunternehmen in Europa auf. Das hierzulande berühmteste Beispiel ist der Roboter Technologiekonzern Kuka. Aber es hat schon viele Unternehmen erwischt, z.B. auch das Traditionsunternehmen Osram, das zu Ledvance wurde und schließlich der ehemals glanzvolle Standort Augsburg geschlossen wurde. In Afrika kauft China riesige Ländereien für Agraranbau und Rohstoffminen. Und sie investieren in eigene Technologieentwicklungen, militärische Anlagen und eine neue Seidenstraße.
All das passiert auf Basis des überlegenen Wirtschaftssystems, mit dem China eben nicht nur in seinen eigenen Grenzen sondern in der ganzen Welt finanzielle Macht gewonnen hat und gewinnen wird.
Niedergang Europas
All das führt bereits heute zu einer wirtschaftlichen, finanziellen Überlegenheit und wird auch zu militärischer Überlegenheit führen, wenn nicht endlich die Erkenntnis durchsickert, woran Europa krankt und warum China zur dominanten Weltmacht wird.
Mit dem jetzigen System einfach weiterzufahren wird für den westlichen Kulturkreis nicht gut enden. Wir müssen es weiterentwickeln oder Europa wird in den nächsten 30 Jahren zur reinen historischen Tourismusattraktion für Asiaten und werden und immer weiter unter fremde Herrschaft geraten. Manche mögen das für übertrieben halten aber diese sollten erst einmal aufzeigen können, wodurch sich die Entwicklungen der letzten 2 Jahrzehnte plötzlich verändern sollten.
Was kann getan werden?
Als Erstes muss erst einmal erkannt werden, warum diese Entwicklungen stattgefunden haben. Wenn man dies sauber analysiert muss man auch erkennen, dass wir uns mit dem jetzigen Finanzsystem, Währungssystem und Bodenrecht einen systematischen Nachteil einhandeln, der nicht zu kompensieren ist. Und dann wird es allerdings schwierig. Denn die Betonköpfe der Wirtschafts“wissenschaft“ und der journalistischen Zunft, die seit Jahrzehnten notorisch die neoliberalen Dogmen gebetsmühlenartig wiederholen, müssen dann ihre Irrtümer eingestehen und etwas verändern. Das zu erreichen ist mehr als schwierig.
Und dann geht es natürlich auch darum, dass die Profiteure des jetzigen Systems loslassen können. Denn wer heute Grund, Immobilien oder milliardenschweres Aktienvermögen hat und damit unvorstellbares Einkommen erhält, hat im Regelfall keine Lust, etwas davon abzugeben. Dass niemand dreistellige Milloneneinkommen brauchen oder verbrauchen kann interessiert dieses Klientel aber sehr wahrscheinlich nicht. Und ebenso nicht, dass diese Vermögens- und Einkommensverhältnisse durch fehlerhafte Gestaltung des Marktsystems zustande gekommen sind. Nur wenn alles so bleibt, dann wird sich der Aufstieg Chinas und der Niedergang des Westens nicht aufhalten lassen. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine „Hochkultur“ am Egoismus einer zahlenmäßig kleinen Schicht zugrunde geht, siehe auch das Römische Reich.
Quasireaktionen in der deutschen Politik
Es sind ewig Gestrige wie die FDP, die ihre neoliberalen Mantras und Verherrlichung des Konkurrenzprinzips herunterbeten ohne zu reflektieren, wo Europa damit hin manövriert wurde. Wettbewerbsfähigkeit stärken durch niedrige Steuern und Sozialabgaben sind ein Konzept, das im volkswirtschaftlichen Kreislauf Schaden anrichtet und den systematischen Nachteil unseres jetzigen Systems nicht annähernd abfangen kann.
Aber auch der CSU-Vorsitzende Markus Söder will angesichts einer möglicherweise kommenden Rezession die Unternehmenssteuern nach dem Vorbild Österreichs senken [FAZ] – um auf Deutschland umgerechnet ca. 70 Milliarden Euro. So viel Unternehmenssteuern nimmt der deutsche Staat gar nicht ein… Auch zeigen empirische Berechnungen der letzten Jahrzehnte, dass Steuersenkungen eben NICHT mehr Investitionen und Wirtschaftswachstum anregen sondern einfach zum Sparen der Unternehmen führen. Diese Maßnahme hilft also weder dem Wirtschaftswachstum, noch der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit.
Der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier schlägt einen Fond gegen feindliche Übernahmen z.B. aus China vor. Durch diesen soll der Staat in einem Fall wie wir in bei Kuka erlebt haben, eingreifen und statt der feindlichen Investoren Unternehmensanteile erwerben [Tahesspiegel]. Das ist grundsätzlich zu begrüßen, aber es greift nur für Einzelfälle und bedeutet eine Teilverstaatlichung mit Geldern, die irgendwo eingesammelt werden müssen. Die Gesamtsituation gegenüber China wird dadurch nur marginal verbessert.
Und der JuSo Vorsitzende Kevin Kühnert äußert sich endlich einmal dazu, für was er eigentlich steht. Für seine Themen Enteignung, Wohneigentum nur für Eigenbedarf und Verstaatlichung von Unternehmen erntete er harsche Kritik. In alt-marxistische Lehren herumzukramen bringt uns heute auch nicht wirklich weiter. Der Kommunismus ist in allen (rund 96) Versuchen gescheitert und Privateigentum zu verstaatlichen schränkt nur die Anzahl der Arbeitgeber ein und dezimiert Dynamik und Innovation. Eine Genossenschaftslösung ist wieder anders zu bewerten, sie sollte aber nicht durch Enteignung entstehen.
Nein, Neoliberalismus und Kommunismus sind keine Lösungen, sondern mehr Ursache der Probleme.
Konkrete mögliche Maßnahmen
Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, wie das Weltwirtschaftssystem und auch das Wirtschafts- und Finanzsystem einzelner Länder oder Europas geändert werden könnte.
Am Sinnvollsten sind nicht Abschaffung des Marktes oder aber unrealistischer Marktfetischismus sondern die Schaffung von Märkten, deren Gesetzmäßigkeiten das hervorbringen, was für unsere Zukunft wichtig ist.
Um wieder eine progressive Entwicklung, Eigentum im Sinne von Eigenermächtigung und demokratiefähiger Machtstrukturen sowie Konkurrenzfähigkeit des westlichen Kulturkreises zu ermöglichen, können wir die Marktsysteme verändern:
1. Bankor: Weltwährungssystem verändern
Diese wären die Einführung eines Weltwährungssystems auf Basis des Bankor, wie sie J.M. Keynes vorgeschlagen hat und das Ziel hat, Schuldenrahmen zu begrenzen und ausgeglichene Handelsbilanzen zwischen den Ländern herzustellen. Siehe hier.
2. Wertschöpfungsgeld: Kapitalkosten eliminieren und Vermögen sinnvoll verteilen
Ganz ohne Enteignung oder Verstaatlichung könnten wir die Kapitalkosten eliminieren, die Staatsverschuldung beenden und ein Wirtschaftssystem schaffen, das deshalb jedem anderen überlegen ist. Das 1/3 Kapitalkosten zu eliminieren würden bei gleichbleibender Steuerlast eine Verdopplung der Arbeitseinkommen bedeuten oder aber eine massive Senkung der Pro-Stück-Kosten, massive Erhöhung der Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Zudem würde kein Fremdkapital benötigt, was den Ausverkauf von Boden und Unternehmen ans Ausland stoppt. Jedes Land hat Macht über sich selbst. Das geht mit dem Wertschöpfungsgeld, auch hier: Wertschöpfungsgeld im Wiki.
3. Bodenrecht ändern
Ein Schlüssel zu Chinas Erfolg ist das dortige Bodenrecht. Und wenn dies ähnlich in Deutschland bzw. Europa eingeführt werden würde, würde das sehr schnell den Staat komplett entschulden und eine drastische Senkung der Steuerlast bedeuten. Damit würde die Wettbewerbsfähigkeit sofort steigen und die Mietpreise würden sinken. Es bedeutet freilich, dass es irgendeine Form der Übereignung geben müsste. Das muss nicht zwangsläufig Immobilien betreffen aber zwingenderweise Grund und Boden. Sylvio Gesell hat auch Boden in öffentlicher Hand als sinnvoller angesehen als in Privater, in seinem „Freiland“ Konzept ist auch ein sanften Weg beschrieben, wie eine Eigentumsänderung von Statten gehen könnte – hier das Kapitel seines Buches dazu. Die öffentliche Hand würde die Grundstücke zu angemessenen Preisen zurückkaufen.
Fazit
Ja, jede dieser Maßnahmen würde das System profund verändern. Alle drei haben aber gemeinsam, dass es dabei keine drastischen Verlierer gibt. Wenn man sie richtig anwendet. Was wegfallen würde, wären exorbitante Profite von Einzelpersonen. Aber diese würden danach auch kein schlechtes Leben führen. Der Bankor würde eine deutliche Verbesserung der Weltwirtschaft bringen ohne große Nebenwirkungen zu haben Und das Wertschöpfungsgeld kann obendrein beliebig groß oder klein skaliert werden. Der Weg, hierfür Bewusstsein zu schaffen, die Notwendigkeit anzuerkennen, Änderungen zuzulassen oder demokratisch zu erzwingen und eine oder alle drei Maßnahmen einmal wenigstens testweise einzusetzen ist weit. Aber jede der Maßnahmen würde eine erheblich positivere Zukunft für ganz Europa und eine friedliche Weltordnung stark begünstigen. Und dafür lohnt sich Aufklärung und Aufwand allemal.
Der Autor vernachlässigt in seiner Betrachtung die Geschichte Chinas und seine Erfahrungen mit dem Westen während der Kolonialzeit (Stichwort Opiumkrieg, Boxeraufstand).
Die USA werden unter Biden versuchen eine Allianz gegen China zu schmieden, um u.a.U. diesen unliebsamen Emporkömmling in seine Schranken zu weisen. Die Argumentation des Autors bezüglich einer quasi Ausbeutung Afrikas durch China, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Den wer, wenn nicht der Westen , hat Afrika jahrhundertelang ausgebeutet und tut dies immer noch , siehe Frankreich und sein afrikanisches Währungssystem. Es ist recht heuchlerisch China das vorzuwerfen, was die Europäer selbst weltweit tun. Ich selbst sehe mich als neutralen Beobachter, aber es irritiert mich zunehmend, wie die USA weltweit Bündnisse schmieden, um China nicht zu einer gleichwertigen Macht aufsteigen zu lassen. Nach dem gewonnenen kalten Krieg der USA über die UDSSR , bahnt sich hier ein neuer grosser Konflikt an. Der missionarische Eifer des Westens in punkto Demokratie, könnte nach hinten losgehen, denn die Sanktionspolitik gegen unliebsame Rivalen, welche damit einhergeht, erweist sich zunehmend als stumpfes Schwert, siehe Russland. Und im Falle Chinas steht die Bevölkerung geschlossener denn je hinter der Regierungspolitik, auch dank Trump.
Ich finde, Ausbeutung der Vergangenheit rechtfertigt nicht Ausbeutung in der Zukunft. Der Artikel hat nicht die Aufgabe, Schuldfragen zu klären sondern zwei Blicke in die Zukunft zu richten.
Wir müssen endlich Wege in eine bessere Zukunft finden und gehen, nicht stets in alten Machtkämpfen verhaften. Egal ob mit Übergewicht für die eine Seite oder die andere Seite.
Die systemische Benachteiligung des „Westens“ kommt aus dem Festhalten an Finanzstrukturen, die in der Vergangenheit den Profiteuren geholfen haben, immer mehr Macht und Vermögen zu bekommen. Entweder wir gehen in eine Transformation im Sinn der Bevölkerung, oder die „Elite“ wird Europa herunterwirtschaften. Europa ist die Instanz, die beim Kampf zwischen USA und China am Meisten leiden wird. Wenn wir nicht anfangen, neu zu gestalten.