Wolfgang Schäuble

Herr Schäuble, Ihre Politik ist unseriös und zerstört die Wettbewerbsfähigkeit Europas!

Sehr geehrter Herr Schäuble,

bei allem Respekt für all den Aufwand, den Sie in ihrer politischen Karriere schon geleistet haben, es muss jetzt ausgesprochen werden, denn für Europa und andere Teile der Welt führt Ihre Politik in eine immer größere Katastrophe.

Wolfgang Schäuble

Wolfgang Schäuble und Angela Merkel, Quelle: Tobias Koch, OTRS, WikiCommons 2014

Die fatalte Politik, unten weiter ausgeführt, beruht im Wesentlichen auf Fehleinschätzungen, die aus betriebswirtschaftlicher Sicht kommen. Wirtschaftspolitik aber muss das Ganze im Blick haben und die Zusammenhänge berücksichtigen. Sie muss auf Volkswirtschaft beruhen, Ethik und Soziologie will ich in diesem Text erst gar nicht erst ins Feld führen. Im Einzenen:

  • Sie sprechen stets davon, dass Länder und Staaten wettbewerbsfähig werden sollen und Exportüberschüsse erzielen sollen. Wenn Sie darauf hingewiesen werden, dass die deutschen Exportüberschüsse stark zum Defizit anderer Europäischer Länder beiträgt sagen Sie, jedes Land könne das gleiche tun wie Deutschland und Überschüsse erzielen.
    Das ist aber leider mathematisch unmöglich: Die Summe aller Handelsbilanzen aller Länder ist Null. Für jeden Dollar Exportüberschuss muss ein anderes Land ein Defizit haben, das ist mathematisch zwangsläufig. Erzielt also Deutschland, wie derzeit, jährlich rund 300 Mrd. Euro Exportüberschüsse, dann geraten andere Länder um 300 Mrd. ins Defizit.
  • Dieses Defizit kann in all diesen Ländern nicht aus Reserven gedeckt werden. Daher bewirkt es eine immer weiter zunehmende Verschuldung des Auslandes. Wenn Sie also andere Europäische Länder auffordern, sich zu entschulden, dann müssen Sie respektieren, dass das für die deutsche Außenhandelsbilanz ein Defizit bedeutet. Oder wenn es ohne das gelänge, müssten außereuropäische Länder sich massiv stärker verschulden.
  • Die Auslandsverschuldung ist größtenteils bereits nicht mehr gedeckt, beispielsweise in Griechenland ist längst der „Point of no Return“ überschritten. Früher oder später werden die Schuldenblasen platzen und das bedeutet, dass deutsche Unternehmen mit großem Aufwand Güter produziert und geliefert haben, die letztenendes verschenkt wurden.
  • Weiterhin führen Sie die Europäische Schuldenkrise auf zu hohe Sozialzahlungen und andere staatliche Ausgaben zurück. Die tatsächliche Ursache der Überschuldung der Staaten liegt aber nicht darin sondern eindeutig in der Bankenrettung. Der spanische Staat war bis zur Finanzkrise mit nur ca. 36% des BIP verschuldet. Erst durch die Finanzkrise stiegen Staatschulden auf rund 94% [Eurostat]. Auch in Griechenland und Italien war die Verschuldungsquote konstant bis leicht abnehmend. Es ist also radikal falsch, Sozialausgaben als Problemursache anzunehmen und es ist daher auch die falsche Maßnahme, mit „Strukturreformen“ die soziale Struktur in Europa zu zerstören statt die des Finanzwesens zu reformieren.
  • Sie sprechen davon, dass alle wettbewerbsfähiger werden sollen und fordern Abbau von staatlichen Ausgaben, allem voran für Rente, Arbeitslosigkeit und andere soziale Gelder sowie eine Senkung der Löhne in den Ländern. Werden aber Löhne und geringe Einkommen gesenkt, dann sinkt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage in gleichem Maß – außer die Marktteilnehmer verschulden sich zunehmend. Je höher das Einkommen ist, desto geringer ist die Quote an Ausgaben. Nur die Konsumausgaben aber werden zu Käufen und damit zu Unternehmenseinnahmen. Das Bruttoinlandsprodukt muss also überall dort sinken, wo niedrige Einkommen gekürzt werden, selbst wenn die hohen Einkommen massiv steigen. Hohe Einkommen gehen vor Allem in Finanzanlagen.
  • Ein Senken der Löhne und Sozialgelder kann also für ein Land funktionieren. Nicht aber für alle! Wenn jeder spart, hat niemand mehr Einnahmen. Wenn jemand alle anderen bestiehlt, sieht es auf den ersten Blick so aus, als würde er alles richtig machen, denn bei ihm häufen sich die Reichtümer. Wenn aber jeder stiehlt statt sich auf das Schaffen von Werten zu konzentrieren, bricht irgendwann die Wirtschaft zusammen. Ähnlich ist es auch hier: Wenn in einem Land die Löhne künstlich niedrig gehalten werden, dann profitiert dieses Land und erzielt Überschüsse. Das Wirtschaftswachstum wird aber von all jeden ermöglicht, die in anderen Ländern die Güter kaufen und sich dabei verschulden.
  • Europa wird von Betriebswirtschaftlern dafür kritisiert, dass seine Sozialausgaben die höchsten der Welt seien. Doch ein intaktes System der fairen Verteilung von Wertschöpfung ist der Garant für eine intakte Nachfrage und Wirtschaftswachstum. Dass Europa eine intakte Struktur hatte, hat zu einem guten Teil das Weltwirtschaftswachstum ermöglicht, auch China hat davon profitiert.
  • Durch Ihre Austeritätspolitik, die Einflussnahme vor allem der deutschen Politik auf die Lohnentwicklung (z.B. schaffte Harz IV einen Defacto Mindestlohn ab, der durch das Arbeitlosengeld definiert war) stagniert in Europa seit 10 Jahren das Binnenwachstum und dezimiert damit das Weltwitschaftswachstum. Damit verbunden können Gewinnerwartungen vieler Unternehmen in ganz Europa nicht mehr erfüllt werden und die damit verbundenen (verzinsten) Kredite platzen. Deshalb sind auch heute, 8 Jahre nach der Finanzkrise, zunehmend mehr faule Kredite in den Bilanzen der Banken – jüngstes Beispiel Italien.
  • Des Weiteren kann Griechenland, Portugal, Spanien, Italien, Frankreich usw. niemals eine ausgeglichene Handelsbilanz erreichen, wenn 25% der Bevölkerung arbeitslos sind, also nichts zum BIP und BSP beitragen dürfen. Hier hilft nur Investition, nicht Reduktion.
  • Durch die Zerstörung der griechischen, portugiesischen und spanischen Wirtschaft wurde das Europäische Wirtschaftswachstum, die Zukunft der Europäischen Wirtschaft in Konkurrenz zu China und USA usw. massiv geschädigt. Machen wir so weiter, geraten wir immer weiter ins Hintertreffen und werden von Asien wirtschaftlich abgehängt. Wir können es uns nicht leisten, den Industrie- und Technologiestandort Europa auf ein paar deutsche Regionen zu reduzieren, dafür wird ganz Europa gebraucht! Sie wollen mit mehr als fragwürdigen Freihandelsabkommen ein Wirtschaftswachstum von 0,5% innerhalb von 10 Jahren erreichen – das Gegenteil würde passieren, weil die Maßnahmen die Strukturen in Europa weiter dezimieren aber das sei an anderer Stelle erörtert – und auf der anderen Seite zwingen Sie Europa nun schon seit fast 10 Jahren in die Stagnation. Wie passt das zusammen?
  • Weltweit entsteht jegliches gebuchte Geld aus Kreditvergaben, es besteht immer genau so viel Geldvermögen, wie Schulden, siehe Schulden sind die Guthaben der Vermögenden – Woher kommt Geld?. Wenn Sie also zum Schuldenabbau auffordern, dann müssen Sie zugleich definieren, wo die Vermögen abgebaut werden sollen oder wer sich stattdessen noch mehr verschulden soll.
  • Wenn Sie die öffentlichen Haushalte zwingen wollen, die „Schwarze Null“ zu halten, dann bedeutet das, das es entweder kein Wirtschaftswachstum mehr gibt oder dass das es mehr Privat- oder Auslandsschulden geben muss. Die Volkswirtschaft besteht als Kreislauf aus 4 Haushaltsarten: Staat, Unternehmen, Privatpersonen und Ausland.  Wenn Privatpersonen jährlich etwas ansparen, z.B. zwangsweise für private Rente, und Unternehmen ihre Schuldengrenze erreicht haben, über der die Konkursquote zu hoch wird, dann bleibt bei Ihrer Politik nur die Auslandsverschuldung. Die aber kritisieren Sie und schlagen dem Ausland das gleiche Verhalten vor, das Sie in Deutschland erzwingen. Das kann wie gesagt nur für eine kleine Menge der Länder funktionieren, nicht aber für das Ganze und Ihre Politik bringt ganz Europa, ja die ganze Welt in eine Not, die unnötiger kaum sein könnte.
Seit 10 Jahren stagniert das Wachstum in Europa, weil die Wirtschaftspolitik jegliches Wachstum zerstört und kaputtspart. Europa hat also gegenüber Ländern wie China und USA an Boden verloren. Nicht wegen fehlender „Wettbewerbsfähigkeit“ sondern wegen der Austeritätspolitik!
In der Vergangenheit wurde dieses Problem mit einer Neuverschuldung gelöst, die eine konstante Schuldenquote gegenüber dem BIP verursachte. Durch die Wirtschaftkrise gab es inzwischen sehr viele Überlegungen, wie das anders gelöst werden kann und es gibt auch andere Lösungen, siehe z.B. Geldvermoegen-Schulden-wo ist der Ausweg?

Bitte hören Sie auf echte Volkswirtschaftsexperten und verändern Sie Ihre Politik.

Mit freundlichen Grüßen

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About CU_Mayer

Über den Autor Nach Beginn im kaufmännischen Zweig studierte Dipl.-Ing. (FH) Christoph Ulrich Mayer, geboren 1968 in Krumbach (Schwaben), Nachrichtentechnik. Er arbeitete mehrere Jahre als Ingenieur und Projektleiter, bevor er sich 2001 mit Ingenieur-Dienstleistung, Unternehmensberatung & Coaching selbständig machte. Seit ca. 15 Jahren arbeitet er als Systemischer Coach. In dieser Zeit lernte er die unterschiedlichsten Denkweisen und Wertesysteme, auch anderer Kulturen, kennen und entwickelte somit einen Weitblick für gesellschaftliche Zusammenhänge. Durch die Beratungsarbeit in Unternehmen kennt er zudem viele Hintergründe, die die Wirtschaftsprozesse besser verstehbar machen. In jahrelanger intensiver Arbeit verfasste er das Buch "Goodbye Wahnsinn - vom Kapitulismus und Kommunismus zum menschenGerechten Wirtschaftssystem". Auf unorthodoxe Weise setzt er sich mit Lehren von Adam Smith bis Karl Marx und mit Sichtweisen von Norbert Blüm bis Sarah Wagenknecht auseinander. Sein Anliegen ist, mit seinen Erkenntnissen und Lösungen zu zeigen, dass wir eine bessere - eine nachhaltigere - Zukunft wählen können.

3 thoughts on “Herr Schäuble, Ihre Politik ist unseriös und zerstört die Wettbewerbsfähigkeit Europas!

  1. Hans Meier

    Schäubles Politik ist nur als Fehler anzusehen, wenn man wirtschaftlichen Erfolg als Ziel unterstellt!

    Aber genau hier liegt der Gedankenfehler!

    Die Großkanzlern waren maßgeblich an den beiden Weltkriegen beteiligt – oder noch deutlicher: ohne die aktive Mitwirkung und Einfluss hätte es diese Kriege gar nicht gegeben. Das Ziel dieser Kriege war dasselbe, wie die der aktuellen Freihandelsabkommen – die Kontrolle über die werthaltigen Assets der Länder.

    Die Grundlagen der EWG und Vorläufer der EU waren die Pläne der Nazis für die Nachkriegszeit. (Hallmann, der die Pläne für die Nazis erarbeitet, war ja dann auch der erste Vorsitzende der EWG) Die Nazis waren Globalisten und nicht Nationalisten, wie irrig unterstellt wird. Wenn man das Verhalten der EU-Bürokraten, insbesondere der EU-Kommission, betrachtet wird die Historie überdeutlich.

    Wenn man nun unterstellt, man möchte Kontrolle über die Länder Europas und darüber hinaus erlangen und dies nicht wie in den beiden Weltkriegen militärisch, dann muss man selbst wirtschaftlich stark sein, auch in der Lage sein nach einem wirtschaftlichen Einbruch schnell wieder aufzustehen. Dann lässt man die Wirtschaft der Länder kollabieren und kann dann die Assets der Länder für nen Apple und Ei übernehmen (und damit die Kontrolle über diese Länder).
    Und nun zum Lifecheck: betrachten man die wirtschaftliche Situation unserer ehemaligen Kriegsgegner, wie Italien, Frankreich, England, USA, Russland, dann sieht es für diese Länder nicht besonders rosig aus – und nach einem Weltwirtschaftscrash werden diese Länder, mit Ausnahme Russlands, im Bürgerkrieg versinken. Insbesonders die Angelsachsen werden danach in die Bedeutungslosigkeit versinken. Deutschland hat schon nach zwei Urkatastrophen bewiesen, wie schnell es wie Phoenix aus der Asche wiederersteht
    Die Planer dieses Szenarios denken nicht in Wahlperioden, die Denken in Jahrzehnten! Und der finale Crash ist Nahe, es fehlt nur noch das Initialereignis

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  2. Goldmann

    Mit Verlaub,… Herr Schäuble ist die krasseste Fehlbesetzung im Finanzbereich für alle Ewigkeiten. Selbstüberschätzung, gepaart mit gefährlichem Halbwissen, servil… mit Hang zur Weitergabe,…unsicheres Auftreten mit dialektischer Rabulistik überspielen.
    Ich bin kein Psychologe, aber Menschen erkennt „man“ am Handeln. Hierfür ist ein Studium, welches die meisten der Parlamentarier vorgeben zu haben (…Hallo Fr. Hinz…), nicht vonnöten.

    Beste Grüße

    Ch. Goldmann

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