SPD - Quo Vadis?

Sehr geehrte SPD Mitglieder,

laut aktuellen Umfragen haben Sie nur noch 16,5% der Wählerstimmen auf Ihrer Seite. Es sieht nun danach aus, als würden Sie in eine weitere große Koalition gehen. Aber In den Koalitionsverhandlungen haben Sie kaum etwas von Relevanz durchsetzen können. Warum? Weil es Ihnen an echten Überzeugungen fehlt.

 

SPD - Quo Vadis?

Martin Schulz, SPD, By Foto: Michael Lucan, Lizenz: CC-BY-SA 3.0 de, CC BY-SA 3.0 de, Link

Die SPD versuchte sich im Wahlkampf quasi als sozialere CDU zu positionieren. Für eine klare Positionierung und auch für Erfolg bei Koalitionsverhandlungen aber müssten Sie eine klare theoretische Grundlage und Konzepte haben, warum und was Sie anders machen wollen. Und genau das fehlt den öffentlich sichtbaren Protagonisten völlig. Im Grunde vertrauen Sie auf die gleichen theoretischen Grundlagen wie die CDU, die CSU, die FDP, die AFD und Redaktionen wie der der Zeit oder der Welt. Deren Weltsicht ist aber teilweise in Minutenschnelle zu widerlegen – wenn man sich einmal in der Tiefe damit beschäftigt. Weit verbreitete Meinungen sind noch lange nicht richtig, und sehr viele Menschen wissen oder spüren, dass da wesentlich mehr ist, als in Ihren Aussagen sichtbar wird.

 

Mehr Kompetenz wagen

Wie kommen Sie aus der Krise? Indem Sie sich tief genug damit beschäftigen, was falsch läuft und echte Konzepte aus echter Überzeugung vertreten, statt Lobbymeinungen zu glauben und eine marginal andere Position einzunehmen, wie alle anderen Parteien. Ein Kevin Kühnert tritt als Kritiker aus den Reihen der JUSO auf. Aber wo sind seine Inhalte, seine Konzepte? In den Springermedien findet er große Beachtung aber nirgendwo wird berichtet, wofür er – außer einer Verjüngung der Partei und Ablehnung der großen Koalition – steht.

 

Wie wäre es, die Koalition abzulehnen und mit folgenden Kernpunkten in einen neuen Wahlkampf zu gehen:

Redemokratisierung und Transparenz

  • Einführung eines Volksentscheids auf Bundesebene, Recht auf bürgerliche Gesetzeseinbringung sowie Korrektur von Regierungs- und Bundestagsbeschlüssen.
  • Durchsetzung des Lobbyregisters, das die CDU seit Jahren verhindert
  • Bindung der Entwicklung der Diäten der Abgeordneten an die Durchschnitts-Arbeitseinkommen
  • Ersetzen von privaten Parteispenden durch ausschließlich Mitgliedsbeiträge und staatliche Gelder

 

Wirtschaft, Rente, Soziales

  • Einbeziehen der Erkenntnis, dass die Nachfrageseite das Wirtschaftswachstum mindestens so sehr beeinflusst wie die Angebotsseite, daher sind Entwicklung der unteren und mittleren Einkommen essentiell für die Entwicklung der Binnenwirtschaft und damit der Träger zukünftiger Innovationen
  • Halbierung der Zeitarbeit und prekären Beschäftigung binnen 4 Jahren durch geänderte gesetzliche Rahmenbedingungen
  • In Deutschland müssen 3 Millionen Menschen in mehr als einen Job arbeiten, um leben zu können. Sicherstellen dass eine Vollzeit-Arbeitsstelle zum Leben reicht durch wirksamen Mindestlohn.
  • Klarstellen, dass der Mindestlohn keinesfalls die behaupteten negativen Auswirkungen hatte sondern im Gegenteil das Wirtschaftswachstum erst möglich gemacht hat. Ausschließlich sinnvolle Ausnahmeregelungen.
  • Integration der digitalen Ökonomie (Plattformökonomie), in ein Gesamtlebenskonzept, also keine Umgehung der Kosten für Krankheits- und Altersversorgung mehr bei Aufträgen über Internetportale.
  • Verbesserte Förderung innovativer Startups
  • Förderung nachhaltiger Zukunftstechnologien, z.B. bessere Förderung Elektroauto
  • Förderung von Produktivitätssteigerung über Innovation und Technologie statt über Lohnsenkung.
  • Systematisches Unterbinden legaler und illegaler Steuerumgehung über Steueroasen und EU-Steuerwettbewerb, dazu gehörend Einigung der EU-Staaten über Rahmen für nachhaltige Steuersätze (Dumping-Steuersätze werden unterbunden, das gilt insbesondere für Steueroasen)
  • Ausweitung der Einkommensteuer auf alle Einkommensarten v.a. Vermögenseinkommen, bei gleichzeitiger Erhöhung der Einkommensgrenze für Spitzensteuersätze (die aufgrund „kalter Progression“ in den letzten 50 Jahren auf mittlere Einkommen verschoben wurden), damit faktische Steuersenkung für Arbeit und damit Verringerung der Lohnnebenkosten.
  • Rückführung des faktischen Geldschöpfungsmonopols von Privatbanken zu Bürgernutzen (Wertschöpfungsgeld) oder zumindest Wiederermöglichung der durch (Lissabonner Vertrag §123) verbotenen direkten Kredite der Zentralbanken an die Europäischen Staaten, damit verbunden klare Regeln dafür.
  • Garantie anonymer und privatbankunabhängiger Zahlungsmittel (Giralgeld ist Guthaben bei einem Privatunternehmen und im Fall des Bankrotts ist es verloren)

 

Gesundheit und Lebensqualität

  • Reform der staatlichen Rente, Einzahlung erfolgt durch alle Einkommensarten, auch Vermögenseinkommen – wie in der Schweiz. Rentenerhöhung hat hohen Rückfluss an Unternehmen durch Konsumausgaben.
  • Reduktion der Gesundheitskosten durch Wettbewerb der Wirksamkeit medizinischer Maßnahmen.
  • Bürgerversicherung zur gerechten Verteilung von Lasten und Leistungen.
  • Re-Etablierung wirklich unabhängiger Wissenschaft zur Beurteilung von z.B. Schadstoffen (siehe Beispiel Glyphosat)
  • Gestaltung eines gesetzlichen Rahmens für Verbraucherschutz und Tierschutz der die Begünstigung von Massentierhaltung und minderwertigen, giftstoffhaltigen Nahrungspflanzen sowie Bienensterben stoppt und nachhaltige Nahrung fördert..
  • Etablieren eines Marktmechanismus für Nachhaltigkeit und Ethik (Werte-Siegel), der für In- und Auslandswirtschaft gleichermaßen gilt

 

Außen- und Europapolitik

  • Wiederherstellung der gesamteuropäischen Zukunftsfähigkeit (und auch der Rückzahlungsfähigkeit für Schulden) durch „New Deal“ Investitionen in wirtschaftlich schwachen Regionen. Finanzierung durch Zentralbankkredite.
  • Unterstützung von Fluchtländern beim Schutz und Schaffen von Lebensperspektiven für die eigene Bevölkerung, Abstellen von Fluchtursachen durch Nachhaltigkeit

 

Usw.

 

Wenn Sie das durchlesen, werden Sie feststellen, dass es unendlich viele Baustellen mit dringendem Handlungsbedarf gibt, die die große Koalition, also auch die SPD, verschleppt und verschlafen haben. Warum wundern Sie sich, dass Sie immer weniger Stimmen bekommen? Sie wollen wieder eine Volkspartei sein? Dann schweigen Sie nicht zu all dem Handlungsbedarf und packen Sie es an.

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About CU_Mayer

Über den Autor Nach Beginn im kaufmännischen Zweig studierte Dipl.-Ing. (FH) Christoph Ulrich Mayer, geboren 1968 in Krumbach (Schwaben), Nachrichtentechnik. Er arbeitete mehrere Jahre als Ingenieur und Projektleiter, bevor er sich 2001 mit Ingenieur-Dienstleistung, Unternehmensberatung & Coaching selbständig machte. Seit ca. 15 Jahren arbeitet er als Systemischer Coach. In dieser Zeit lernte er die unterschiedlichsten Denkweisen und Wertesysteme, auch anderer Kulturen, kennen und entwickelte somit einen Weitblick für gesellschaftliche Zusammenhänge. Durch die Beratungsarbeit in Unternehmen kennt er zudem viele Hintergründe, die die Wirtschaftsprozesse besser verstehbar machen. In jahrelanger intensiver Arbeit verfasste er das Buch "Goodbye Wahnsinn - vom Kapitulismus und Kommunismus zum menschenGerechten Wirtschaftssystem". Auf unorthodoxe Weise setzt er sich mit Lehren von Adam Smith bis Karl Marx und mit Sichtweisen von Norbert Blüm bis Sarah Wagenknecht auseinander. Sein Anliegen ist, mit seinen Erkenntnissen und Lösungen zu zeigen, dass wir eine bessere - eine nachhaltigere - Zukunft wählen können.

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