Verursacht „Geld drucken“ der Notenbanken Deflation statt Inflation?

All die Prognosen, die „Gelddruckorgie“ der Notenbanken in Japan, USA und Europa würden in eine Inflation, ja sogar Hyperinflation führen, sind spätestens durch die letzten 8 Jahre widerlegt worden. Die Zentralbanken brachten in dieser Zeit eine Summe von 8 Billionen Dollar in Umlauf und trotzdem kämpft beispielsweise Europa, nicht in eine Deflationsspirale zu stürzen. Die Inflation liegt mit -0,4% bis +0,1% weit unter dem anvisierten Inflationsziel von 1 bis 2%. (Die Zusammenhänge und Irrtümer wurden bereits im Artikel Inflation – Offenbarungseid der Wirtschaftstheorie und der Zentralbanken aufgearbeitet.)

Das ist durchaus logisch, denn die Zentralbank bringt nur billige Kredite an Privatbanken in Umlauf, sie darf keinerlei Geld oder Kredite an Staaten, Unternehmen oder Privatpersonen geben. Und bei den Banken fließt diese Geld größtenteils in Spekulationsobjekte und Geldanlagen. Es ist kein Wunder, dass die Aktienkurse [Jim Rogers] und Immobilenpreise explodieren und dass Abermilliarden für Fusionen von Unternehmen aufgewendet werden (siehe beispielsweise Übernahmeangebot von Bayer an Monsanto über 62 Mrd. Dollar [Berechnungen dazu] oder die Übernahme von Kuka durch den chinesischen Konzern Midea). Die Unternehmen, die mit Geld Wertschöpfung betreiben würden, sind aber kein Stück kreditwürdiger geworden und auch Privatpersonen wollen und können sich in einem Umfeld mit hohen Ausgaben und Risiken nicht verschulden. So führt das „billige Geld“ nicht zu mehr Konsum, also nicht zu mehr Unternehmenseinnahmen, höheren Löhnen und hoher Nachfrage, also auch nicht zu höheren Preisen oder Inflation.

Der Finanzprofi David Stockmann, zwischen 1981 und 1985 Kabinettsmitglied unter dem damaligen Präsidenten Ronald Reagan, geht aber noch einen Schritt weiter. Aus seiner Sicht ist die Niedrigzinspolitik der Banken sogar an der Deflation schuld:

„Nullzinsen führen dazu, dass Risiken und langfristiges Kapital falsch bepreist wird, und damit zu einem wachsenden Niveau an Fehlinvestitionen und Überkapazitäten führen“, so Stockman. Und das sei weltweit der Fall, weil die anderen Notenbanken ähnlich verfahren würden wie die Fed. „Wie man nun an den Preisen von Öl, Eisenerz, Kupfer, Konsumelektronik und in vielen anderen Bereichen sehen kann, führen die Überkapazitäten zu einem Kollaps der Preise und Gewinnmargen.“ Das führe zu einem Preisverfall, woraufhin die Unternehmensgewinne kollabieren würden und damit zu einem Einbruch der Investitionen. „Unsere geldpolitischen Zentralplaner sind in einer gefährlichen Rückkopplungsschleife gefangen. Nachdem sie den Boom mit billigem Geld angeheizt haben, rechtfertigen sie nun Nullzinsen damit, dass die Notenbank dieselben Maßnahmen wieder einsetzen müssen, um die von den Notenbanken selbst verursachte Deflation zu bekämpfen.“ [Finanzen100, Hervorhebungen durch den Autor]

Die Unternehmen, die es sich leisten können und kreditwürdig sind, investieren also in Produktivitäts- und Produktionsmittel, dadurch können mehr Güter geschaffen werden, für die aber gar keine Nachfrage da ist. In der Folge senken die Unternehmen die Preise (Deflation), um dennoch mehr abzusetzen. Das funktioniert aber nicht, wenn die ganze Branche betroffen ist, also führt es mittelfristig zu Konkursen. Dieses Problem konnte man schon oft bei den Computer-Speicherherstellern beobachten. Jeder Hersteller erhöht die Produktionskapazitäten, um auch die Effizienz zu erhöhen. Der Absatz an RAM-Speicher aber steigt nur wenig, also sinken die Preise. Kurz vor dem Kollaps beschließen die Hersteller, freiwillig ihre Produktion zu reduzieren, die Preise steigen wieder. Ein Teil des Problems ist, dass internationale Fördergelder nach Korea in die Halbleiterfertigung fließen, was dem Land helfen soll aber Überproduktion begünstigt. Ähnlich wie „billiges“ Geld der Zentralbanken es für viele Wirtschaftszweige tut.

Was können wir daraus folgern?

Quelle: WikiCommons, User Floréalréal

Quelle: WikiCommons, User Floréalréal

Die Frage ist, wie so oft, ist es Unwissenheit oder bewusste Täuschung durch Meinungslobbyisten, dass eine Politik verfolgt und ausgebaut wird, die das völlige Gegentteil von dem bewirkt, was für sie als Argumentation angeführt wird.

David Stockmanns Worte dazu:

„Die Wahrheit ist, dass Alan Greenspan und seine Nachfolger eine ganze Generation von Zockern zu den größten Lotteriegewinnern aller Zeiten gemacht haben. Die Notenbanker haben die Umverteilung auf den Kopf gestellt – und ungeheure Mengen von Vermögen an die ganz Oberen auf der wirtschaftlichen Leiter verteilt haben. Nullzinsen finanzieren die Zocker an der Wall Street und treiben die Preise von Vermögenswerten nach oben, aber nicht die Main Street (die Realwirtschaft) an“ [Finanzen100, Hervorhebungen durch den Autor]

Alternativen für Wirtschaftspolitik und Zentralbanken

Was wäre nun die Lösung für das Problem? Nun, die Nachfrage zu erhöhen. Und das geht über Lohnerhöhungen und mehr Sozialgeld, denn die Mehrheit der Marktteilnehmer sind Lohnempfänger und die niedrigsten Einkommensschichten geben fast 100% des Geldes sofort wieder aus, wenn sie es erhalten.

Das wäre der klassische Weg. Der Nachteil dabei ist, es müssten alle mitziehen. Der Staat, der eine massive Erhöhung der Sozialgelder beschließt, erhöht seine Verschuldung und setzt sich der Macht der „Gläubiger“ aus. Und das Land, in dem es überdurchschnittliche Lohnerhöhungen gibt, wird damit einerseits die Binnenwirtschaft stärken aber auch die Lohnstückkosten erhöhen. Deutschland kann sich das locker leisten, denn der Handelsbilanzüberschuss liegt bei derzeit ca. 300 Mrd. Euro jährlich (manche behaupten, eine ausgeglichene Handelsbilanz sei in der ursprünglichen Fassung des Grundgesetzes enthalten gewesen, dies lässt sich jedoch nicht bestätigen, es war aber als Ziel der ersten Regierung mit Konrad Adenauer formuliert). Andere Länder jedoch können das unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht.

Es gibt aber auch einen neuzeitlichen Weg, nämlich Zentralbankgeld nicht ausschließlich an Privatbanken zu geben sondern direkt oder indirekt an Privatpersonen. Ein inzwischen populär gewordener Begriff dafür ist das „Helikpoptergeld„, das wäre so etwas wie ein „Mini-bedingungsloses Grundeinkommen“, denn jeder Bürger würde beispielsweise 1300 Euro pro Jahr vom Staat oder direkt von der Zentralbank bekommen – ohne Schuldenvergrößerung. Mit diesem Gedanken spielt inzwischen sogar die EZB [Focus]

Als kurzfristige Maßnahme ist das durchaus sinnvoll, jedenfalls weitaus sinnvoller, als durch die derzeitigen Mechanismen einige Reiche immer reicher zu machen und gleichzeitig die Realwirtschaft weltweit in die Stagnation zu treiben. Denn so entstehen nicht nur Blasen die Platzen, sondern auch weltweites Elend, das leicht vermieden werden könnte. Langfristig wäre das Helikoptergeld aber problematisch, weil es die Anreizstruktur in der Wirtschaft zerstört, also Konsum fördert, nicht aber Wertschöpfung.  In der Folge würden also Auslandsprodukte in den Vordergrund rücken und die Außenhandelsbilanz würde leiden, zusätzlich würde die Währung abwertet, also mittelfristig die Kaufkraft gesenkt.

Wenn wir den Denk- und Lösungsrahmen erweitern, gibt es Lösungen, die die Dilemmas vollständig auflösen. Der richtige Anreiz wäre beim Wertschöpfungsentgelt (inzwischen Wertschöpfungsgeld genannt) nicht abgeschwächt sondern verstärkt. Denn wer mehr reales leistet, bekommt mehr Geld, nicht wer mehr hat, bekommt mehr Geld oder jeder bekommt zusätzlich Geld, ohne etwas dafür zu geben. Zusätzlich würden die Sachvermögen erheblich fairer verteilt, die Produktivitätszuwächse würden denen gehören, die sie erarbeiten usw.  Die Wirtschaft würde weit stärker wachsen, würde den Konkurrenzkampf mit jedem anderen Wirtschaftssystem gewinnen und das wirtschaftliche Handeln könnte in nachhaltige Bahnen gelenkt werden. Hier eine weiterführende Problemanalyse dazu und das Lösungskonzept vorgestellt (die Ausführungen sind von 2012, inzwischen wurden weitere Entwicklungen und Fakten eingearbeitet, jedoch bisher noch nicht veröffentlicht, daher sind noch kleine argumentatorisch angreifbare Punkte enthalten).

 

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About CU_Mayer

Über den Autor Nach Beginn im kaufmännischen Zweig studierte Dipl.-Ing. (FH) Christoph Ulrich Mayer, geboren 1968 in Krumbach (Schwaben), Nachrichtentechnik. Er arbeitete mehrere Jahre als Ingenieur und Projektleiter, bevor er sich 2001 mit Ingenieur-Dienstleistung, Unternehmensberatung & Coaching selbständig machte. Seit ca. 15 Jahren arbeitet er als Systemischer Coach. In dieser Zeit lernte er die unterschiedlichsten Denkweisen und Wertesysteme, auch anderer Kulturen, kennen und entwickelte somit einen Weitblick für gesellschaftliche Zusammenhänge. Durch die Beratungsarbeit in Unternehmen kennt er zudem viele Hintergründe, die die Wirtschaftsprozesse besser verstehbar machen. In jahrelanger intensiver Arbeit verfasste er das Buch "Goodbye Wahnsinn - vom Kapitulismus und Kommunismus zum menschenGerechten Wirtschaftssystem". Auf unorthodoxe Weise setzt er sich mit Lehren von Adam Smith bis Karl Marx und mit Sichtweisen von Norbert Blüm bis Sarah Wagenknecht auseinander. Sein Anliegen ist, mit seinen Erkenntnissen und Lösungen zu zeigen, dass wir eine bessere - eine nachhaltigere - Zukunft wählen können.

3 thoughts on “Verursacht „Geld drucken“ der Notenbanken Deflation statt Inflation?

  1. Informant

    Wieso es keine Inflation gibt?
    Ganz einfach das gesamte Geld wurde nicht in die Realwirtschaft gepumpt sondern in den Finanzsektor, damit dieser weiterhin am Casino zocken kann!

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  2. CU_Mayer Post author

    Eine Leserfrage: „vielen Dank für die interessanten Ausführungen, insbesondere zum Thema Deflation vs. Inflation.
    An einer Stelle ist mein Kenntnisstand aber ein anderer:
    „die Zentralbank bringt nur billige Kredite an Privatbanken in Umlauf, sie darf keinerlei Geld oder Kredite an Staaten, Unternehmen oder Privatpersonen geben“, steht in Deinem Text. Inzwischen erwirbt die EZB ja aber schon Anleihen. Wenngleich dies auf dem Zweitmarkt geschieht, ist dies m.E. nach eine klare direkte Finanzierung. Oder wie siehst Du das?“

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  3. CU_Mayer Post author

    vielen Dank für Deine Frage!

    Nun, an der Gesetzeslage, dass die Zentralbank an den Staat keine Kredite geben darf besteht nach wie vor und wird nach wie vor eingehalten – obwohl gerade das relativ sinnvoll wäre, nur ist es eben nicht gewünscht. Ist in §123 des Lissabonner Vertrags vereinbart, andere Artikel wurden längst gebrochen, ausgerechnet dieser aber nicht.

    Das passiert:
    – Die Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH (die gibt es wirklich) bietet Staatsanleihen an.
    – Die berechtigten Bieterbanken (Goldman Sachs, Merryl Lynch, Deutsche Bank usw.) bieten auf die Anleihen.
    – die Bank mit den besten Konditionen bekommt den Zuschlag (auf die Weise wurde vor einigen Jahren erreicht, dass der Zinssatz für Staatskredite gesenkt werden konnte)
    – Die Bank nimmt das Papier an und verkauft es entweder an Dritte (Versicherer, Banken) oder behält sie.

    Unabhängig davon bietet die EZB an, Staatsanleihen aufzukaufen, inzwischen kauft sie aber sogar Unternehmensanteile – insgesamt 80 Mrd. Euro monatlich.
    Diese kauft sie ausschließlich VON PRIVATBANKEN. Es gibt keinerlei Veröffentlichung darüber, welche Papiere zu welchem Preis gekauft werden/ wurden.

    Da keiner die Bank zwingen kann, die meist verzinsten Papiere herzugeben, werden Banken der EZB nur Schrottpapiere mit hoher Wahrscheinlichkeit von Zahlungsausfall geben oder einen deutlich höheren Preis verlangen als die Anleihe wert ist.

    So schaut die Realität aus: Banken werden damit gerettet, werden den Schrott los und bekommen dafür Zentralbankguthaben. Staaten dagegen werden nicht gerettet sondern deren Schulden werden schön aufrecht erhalten. Ein gewisser Teil davon ist bei der EZB aber trotzdem die EZB diese Werte einfach löschen könnte, ohne dass dabei irgendjemand ein Schaden entsteht, wird den Staaten kein Schuldenschnitt gewährt.

    By the way: was passiert, wenn der Staat, der ja immer verschuldet ist, eine Bank rettet?
    Genau das Gleiche. Der Staat schreibt eine Anleihe aus, auf die Banken bieten können, sogar die Pleitebank kann bieten.
    So entsteht ein neuer verbürgter Vermögenswert, der dann in der Pleitebank das Aktiva ausfüllt und damit die eigentlich geplatzten Spekulationsgewinne der Bankkunden in Staatsschulden umwandelt. Anschließend bürgt der Bürger, wie der Name schon sagt, zahlt mit seiner Steuer die Zeche und der der Staat muss wieder bei Schulen und Rente sparen.
    Daher ist eine Bankenrettung ein gigantischer „Moral Hazard“.

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