Zyklisierung eines Radikals in der Chemie - ein Symbol auch für die Gesellschaft?

Radikalismus im Ursprung bekämpfen statt Symptome anprangern

weiter unten: Wie konnte Hitler ein ganzes Volk in seinen Wahn ziehen?
(Wie entstand das Monster Teil 2, hier Teil 1)

Vorweg sei eines gesagt: Heute ist Rechtspopulismus und Rechtsradikalismus nicht Ursache sondern SYMPTOM einer langen Kette von Fehlentwicklungen. Fehlentwicklungen, die denen der 1920er Jahre nicht unähnlich sind. Die entscheidende Frage ist nicht, wie man Radikale bekämpft. Sondern wie man die Verhältnisse bekämpft, die zur Radikalisierung führen.

Rechtsruck in Europa?

Sachsens Polizeipräsident wart am 1.2.2016, in seinem Bundesland herrsche „eine Pogromstimmung, die eine kreuzgefährliche Intensität bekommt“ [Spiegel]. Seitdem brannte z.B. in Clausnitz ein Asylheim, zum Glück ohne Menschen darin, und das wurde von den Umstehenden beklatscht. Anschließend stellten Rechte stolz ein Video ins Netz, in dem in Bautzen ein Bus mit Asylanten bedroht wird. In den Landtagswahlen im Frühjahr 2016 erreichte die AFD bis zu 24% der Stimmen, obwohl sie noch wenige Monate zuvor kaum mehr eine Rolle in den Umfragen spielte. Nun hat die AFD durchaus auch sinnvolle Teile in ihrem Wahlprogramm, doch der plötzliche Zuspruch kann nur auf die Flüchtlingskrise zurückgeführt werden und damit auf einen Zuspruch bezüglich des eher rechten Programms der Partei.

In Österreich verzeichnet die FPÖ mit ihrem Kandidat Hofer ein Erdrutschergebnis bei der Präsidentschaftswahl mit 35,4% der Stimmen. Die FPÖ wirbt auf der Startseite ihres Parteiprogramms mit dem Slogan „Österreich zuerst“. Bereits 2015 kam es zum medialen Eklat, weil Hofer oft mit einer Kornblume geschmückt aufritt, die in den 1930er Jahren zum Symbol für Nazis wurde, als das Hakenkreuz verboten wurde.

Viktor Orban in Ungarn, die Polnische Regierung, die Front National in Frankreich, viel spricht dafür, dass die Kräfte, die die Probleme durch einen Rückzug ins Nationale und in manchen Fällen auch ins Feindseelige immer stärker werden. Und viele Anzeichen sprechen dafür, dass die Rahmenbedingungen, die damals zur Radikalisierung in Deutschland geführt haben auch heute wieder eine Gefahr bilden könnten. In vielen Europäischen Ländern.

Umlenkung nach Rechts?

Noch vor 2 Jahren gab es eine andere Tendenz in Europa. Mit der Wahl von Syriza kam in Griechenland eine Partei zur Regierungsmacht, die gegen Finanzmacht und für ein soziales Europa stand. Die Wahlenprognosen für Portugal und Spanien legten nahe, dass auch dort die sozial orientierten Parteien („Linke“ Parteien ist ein Begriff, den man nicht mehr als Kategorisierung einsetzen sollte) einen Regierungsauftrag bekommen würden. Doch mit der Eskalation der Flüchtlingskrise seit November 2015 kommen jetzt die Parteien zu Wahlerfolgen, die für die Rückkehr zum Nationalismus stehen. Damit wurde der Aufbruch in Richtung einer fairen Wirtschaft und Gesellschaft jäh umgelenkt in einen Rückfall in nationale Interesse, Bekämpfung von Ausländern usw., und damit in einen Rückfall in das historische Fahrwasser der 1920er Jahre. Im Grunde wiederholt sich allein schon darin die Geschichte, denn gerade in Deutschland war im frühen 20. Jahrhundert Sozialpolitik und auch der Gedanke des Kommunismus zunächst viel stärker, bis die „Rechte“ NSDAP immer mehr Gewicht bekam.

Zyklisierung eines Radikals in der Chemie - ein Symbol auch für die Gesellschaft?

Zyklisierung eines Radikals in der Chemie – Integration in die Gesellschaft?
Bildquelle: Harbin @ WikiCommons, Public Domain

Die eigentliche Ursache

Es ist durchaus verständlich, dass all die Bürger, die aufgrund der finanztechnisch verursachten zunehmenden Verarmung der Mehrheit der Bevölkerung eine „soziale Abstiegsangst“ umgeht. Und damit natürlich auch eine Angst vor einem Überlaufen des Landes durch Flüchtlinge, die die Sozialkassen zusätzlich belasten und zudem auf dem teuren und schwierigen Wohnungsmarkt, später auch auf dem Arbeitsmarkt mit ihnen konkurrieren werden.

Viele, sehr viele dieser Menschen haben jedoch eigentlich keine Angst vor dem Muselmann, sondern vor dem sozialen Abstieg und der sozialen und ökonomischen Ausgrenzung.

Jens Berger, Nachdenkseiten

Viele Menschen in unserer Gesellschaft fühlen sich abgehängt. Erst recht gibt es in Griechenland und Portugal viele, die immer mehr Wut auf die Verhältnisse bekommen, die ihnen zugemutet werden. Wenn dann noch Politik und Medien eine von Schuldgefühlen geprägte masochistische oder weltfremde Haltung an den Tag legen, wächst die Wut und Radikalität gegenüber den Verantwortlichen und auch den Fremden gegenüber. Die Fremden sind aber noch nie die Ursache der Probleme gewesen. Sie sind nur eine Projektionsfläche für die eigentlichen Probleme. Das lenkt im Sinn der dunklen Seite der Dialektik wunderbar von den wirklichen Ursachen ab, egal ob „für Rechts“ oder „gegen Rechts“.

Experte über Rechte Tendenzen in Sachsen

Was Sachsen angeht sagt Experte Bernd Stracke, Ostsachsen hatte nie gute Demokratieerfahrungen und die friedliche Revolution 1989 wurde dort nicht so stark wahrgenommen wie anderswo. Politikprofessor Franz Walter zeigt auf, dass die Rechten eine „Vakanz füllen, die nach der Zerschlagung sozialdemokratischer und zivilgesellschaftlicher Strukturen durch die SED entstanden“. Die Fremdenfeindlichkeit bekam aber erst mit der Zunahme der Flüchtlingszahlen den starken Zulauf, den wir jetzt beobachten.

Die Verantwortlichen

Die größte Verantwortung für den Anstieg der Radikalität liegt jedoch bei denen, die seit zwei Jahrzehnten den politischen und gesellschaftlichen Rahmen dafür schaffen.

In den 1920er Jahren dominierte der Schuldendienst gegenüber USA, England und Frankreich über die Menschlichkeit. Damals folgte man völlig falschen Wirtschaftstheorien, die in Blasen, extreme Arbeitslosigkeit, Hyperinflation und anschließend Deflation führten. Damals vertraten Politiker ihre Bevölkerung nicht, bis es zu spät war. Beispielsweise erst Hitlers erstem Wirtschaftsminister, Hjalmar Schacht, gewährten die Gläubiger einen Schuldenschnitt, zu einem völlig falschen Zeitpunkt.

Damals bekämpften sich „Linke“ und „Rechte“ blutig auf den Straßen, statt die eigentlichen Missstände anzugehen.

In den USA hat Roosevelt um 1932 mit seiner „New Deal“ Politik die US-Wirtschaft aus der Depression gerettet, weil er es wagte, mit den falschen Wirtschaftstheorien zu brechen. In Europa blieb der Wahnsinn bestehen – und brachte immer mehr Wahnsinn hervor.

Heute dominiert der Schuldendienst gegenüber deutschen, englischen und amerikanischen Banken über die Menschlichkeit gegenüber Bevölkerungen in Griechenland, Portugal, Spanien, Italien, Frankreich u.v.m. Heute folgt man falschen Wirtschaftstheorien, die in extreme finanzielle Blasen führten und führen, in extreme Arbeitslosigkeit, extreme Ausweitung der Geldmenge (ohne Inflation aber mit starken Vermögensverschiebungen) und in Deflationstendenzen. Und die empirisch bewiesen keine ihrer behaupteten Wirkungen haben! Die Rollen liegen heute bei anderen Ländern und Personen. Doch der Rahmen für Radikalisierung ist wieder geschaffen und wird wieder in dieselbe falsche Richtung gelenkt. Und wieder bekämpfen sich „Linke“ und „Rechte“, statt dass die eigentlichen Probleme angegangen werden. Und unsere Medien haben nichts besseres zu tun als jede politische oder gesellschaftliche Kraft in diese Kategorien zu pressen.

Wenn Schuldendienst die höchste Priorität genießt, sollte man sich bewusst machen, dass Schulden nichts anderes sind als die Geldvermögen der anderen. Hier die Verteilung der Schulden und Vermögen in Deutschland und die Konsequenzen.


Damals haben die demokratischen Kräfte die Bevölkerung nicht vertreten, bis radikale Kräfte das Ruder übernahmen und Europa in Tod und Zerstörung führten. Wie wird es diesmal sein? Werden es demokratische Kräfte schaffen, Politik und Wirtschaftstheorie zurück zu Seriosität und Vernunft zu lenken? 


Und die gleichen Vorgänge, die in Europa zunehmend in den Wahnsinn führen sind die Ursache für die Flüchtlingskrisen. In einer Welt, in der stets über 90% der Menschen ausgebeutet werden, braucht man sich nicht über Terror zu wundern. Und auch nicht darüber, dass viele vor Terror oder Perspektivlosigkeit fliehen. Auch hier wankt unsere Regierung zwischen Menschen im Mittelmeer ertrinken lassen und ihrer Bevölkerung mal eben die Aufnahme einer Million Menschen zumuten, statt auch nur ansatzweise die FluchtURSACHEN zu beseitigen. Der einzig sinnvolle Weg, die Flüchtlingskrise zu beenden ist, den Menschen in ihrer Heimalt eine Perspektive zu bieten. Und das heißt, mal ausnahmsweise nicht in fremde Länder zu gehen um dort alles kaputtzuschießen sondern um Schutz zu geben und zu helfen, etwas aufzubauen. Es bedeutet humanitäre und strukturierende Hilfe statt Kampf um Erdölreserven.

In der Geschichte

In diesem zweiten Teil zur Beleuchtung der Umstände, die 1933 bis 1945 zu dem dunkelsten Kapitel in der deutschen Geschichte geführt haben, geht es um den damaligen gesellschaftlichen Rahmen, der es Extremisten wie Hitler überhaupt erst ermöglicht hat, politische Macht zu gewinnen.

Der geschichtliche Rahmen in anderen Ländern

Diese Zeit war geprägt von einer starken Fehlverteilung von Vermögen und von politischen Umbrüchen sowohl in kommunistischer als auch in faschistischer Richtung. Die Oktoberrevolution in Russland 1917, gegen Ende des 1. Weltkriegs, schreckte viele Machthaber in Europa auf.  Mussolini wurde 1925 faschistischer Diktator in Italien.

In Spanien gab es 1936 in Barcelona, dann in Madrid eine Revolution des AnarchismusAnders als der marxistisch/ diktatorische Kommunismus Stalins war er auf Brüderlichkeit und Gleichwertigkeit aufgebaut und nicht auf einer Diktatur. Stalinistische Kommunisten ermordeten in dieser Zeit Anführer des Anarchismus, es war also keinesfalls eine gemeinsame Bewegung. Der spanische Anarchismus hatte jedoch auch eine eigene Schattenseite: Die Anarchisten wehrten sich auch entschieden gegen die bis da hin in Spanien sehr starke, gewalttätige und mit Schuld beladene Kirche bis hin zur Ermordung von Priestern. Das führte dazu, dass die Kirche schließlich die Hilfe des Faschisten Franco annahm, der die anarchistische Revolution blutig niederschlug. So entstand eine Verbindung zwischen Faschismus und Kirche, die später wohl auch auch dazu beitrug, dass die Kirche Hitler in Deutschland nicht bekämpfte.

Und auch in Frankreich rumorte es durchaus. Stéphane Hessel, der zur Zeit der Besetzung Frankreichs durch Hitler an der Befreiung der Menschen mitgewirkt hat, war dabei, als die französischen Exilregierung unter Charles De Gaulle darüber nachdachte, warum diese Dinge passiert sind und welche Ziele daraus abzuleiten sind: „die Errichtung einer echten wirtschaftlichen und sozialen Demokratie unter Ausschaltung des Einflusses der großen im Wirtschafts- und Finanzbereich bestehenden privaten Herrschaftsdomänen auf die Gestaltung der Gesellschaft“ und weiter: „Eine rationelle Wirtschaftsverfassung, in der die Individualinteressen dem Allgemeininteresse untergeordnet sind, ohne Diktatur der Sachzwänge nach dem Vorbild faschistischer Staaten.“ [Hessel, 2011, „Empört Euch“, S. 8]  Genau diese Entwicklungen, die die Gaullisten als Problem ausgemacht hatten, wurden seit den 1980er Jahren zunehmend wieder etabliert, durch die Privatisierung von Monopol-Infrastrukturen wie Energie und Wasser, die Zurückdrängen des Staates, sponsorenabhängige Universitäten usw.

Doku "Überfall auf Großbritannien", ZDF

Doku „Überfall auf Großbritannien“, ZDF

Großbritannien war damals das größte Weltreich der Geschichte. Eins von der Größe, von dem Hitler träumte. Kanada, Australien, halb Afrika, viele pazifische Inseln usw. „gehörten“ zum „Roten Reich“. Es bedrohte amerikanische Interessen und, wie der Historiker Peter Carlson herausfand und das ZDF berichtete, bis vor Kurzem streng geheime Dokumente aus dem US-Staatsarchiv enthüllen, dass die USA 1930 eine Strategie entwickelten, einen Krieg gegen Großbritannien zu führen. (Bericht hier noch verfügbar).

Man muss verstehen, dass die USA ja aus dem Unabhängigkeitskrieg mit England entstanden sind. Im 1. Weltkrieg weigerten sich die USA teilzunehmen, stiegen 1917 als „Assoziierter Partner“ ein, nicht als Verbündeter. Sie beteiligten sich nur gegen finanzielle Leistungen und am Ende des Kriegs schuldete Großbritannien den USA 9 Milliarden Pfund, damals eine horrende Summe. Laut Politikwissenschaftler Greg Kennedy hat sich Großbritannien geweigert, das Geld zurückzubezahlen, bevor die anderen Alliierten ihnen ihre Ansprüche zurückbezahlten. Das verursachte Spannungen. Großbritannien unterstellte man, dass sie mit ihrer Marine die Handelswege der USA blockieren könnten. Durch die Weltwirtschaftskrise 1929 bekommt der Konflikt mehr Intensität. Auch hatte Großbritannien seit dem 18. Jahrhundert alle emporkommenden, konkurrierenden Mächte mit militärischen Mitteln unterdrückt, so rechneten viele damit, dass die Briten auch die USA bekämpfen würden.

Charles Lindberg bekam den Auftrag, ein Militärmanöver durchzuführen. Lindbergh ist laut Historikern ein Anhänger der damals wachsenden Nazi-Bewegung in den USA „America first“, die damals sogar Großveranstaltungen im Madison Square Garden durchführte.

1935 führte die US-Armee eine der größten Übungen an dem Ort durch, der im Plan als Schlüsselpunkt zur Invasion von Kanada beschrieben wird. 1935 gab es Anhörungen über den geheimen Bau von Flugplätzen, worüber letztlich in der New York Times berichtet wurde.

Zum Krieg kam es aber laut Alan Dobson (Politikwissenschaftler) nicht, vor allem weil ihn Großbritannien aber auch die USA wegen den Erfahrungen des 1. Weltkrieges um jeden Preis vermeiden wollten. 1937/38 kam es laut Alan Dobson zu einem neuen Handelsabkommen, bei dem sich Großbritannien über den Tisch gezogen fühlte, um das Verhältnis zu den USA zu verbessern. Und dann erkannten beide Seiten die Gefährlichkeit der Entwicklung in Deutschland und wurden zu Partnern.

 

Wie konnte Hitler das Volk mit seinen antisemitischen Lehren blenden und verführen?

Im 1. Weltkrieg verloren alle, Millionen wurden getötet, Infrastrukturen, Wohnraum und Industrie vernichtet. Aber eine Sparte verdiente massiv daran: die Banken. Da einige der größten Banken im Besitz von jüdischen Familien waren, wurde Juden unterstellt, sie würden die Welt über ihre Finanzstruktur beherrschen wollen. Allen voran wurde die Familie Rothschild als Machtfamilie schon seit 1846 kritisiert. Die Machenschaften dieser Familien sind in der Tat kritikwürdig. Doch die Millionen Juden, die später unter Hitler getötet wurden, waren nicht schuld an der Misere. Sondern ein missgestaltetes System. Das „Weltjudentum“ war damals übrigens zunächst wohl eine Erfindung Hitlers. Es gab zwar eine weltweite Vernetzung im Wirtschafts- und Finanzbereich. Aber erst durch Hitlers Veröffentlichungen und Aufstieg kam es dann zu einer gewissen Vereinigung und zu einem gemeinsamen öffentlichen Handeln. 1933 erklärte „Judäa“ Hitler einen Handelskrieg, wie die Zeitung „Daily Mail“ damals titelte. Weltweit protestierten tausende Juden und alle jüdischen Geschäftsleute wurden aufgerufen, deutsche Produkte zu boykottieren. Es war aber kein Angriff sondern eine Reaktion auf Hitlers Aufruf, jüdische Geschäfte zu boykottieren und auf seine  Ankündigungen in „mein Kampf“.

Hitler verbog also die Wut auf das Finanzsystem zur Wut auf eine Religionsgemeinschaft, die er zur Rasse umdefinierte. Er erzählte dem Volk, es gäbe Gegner, die es unterdrücken würde und wenn sie diese bekämpften, würde eine goldene Zukunft bevorstehen. Wie so oft in der Geschichte waren es aber die Falschen, die bekämpft wurden.

Beleuchten wir das etwas mehr

Im Ersten Weltkrieg halfen die USA Frankreich und England nicht einfach so. Sie ließen sich ihre Kriegsaktivitäten bezahlen. So hatten nach dem Krieg England und Frankreich horrende Schulden bei amerikanischen Banken. Ebenso hatte der US-Staat massiv Schulden bei den US-Banken aufgebaut (siehe historisches US-Staatsbudget). Deutschland hatte auch Bankschulden und wurde außerdem durch den Versailler Vertrag dazu verurteilt, Reparationszahlungen an die Alliierten zu bezahlen. Die Menschen nach dem 1. Weltkrieg litten unter der Schuldenlast und den Reparationszahlungen.

Aus diesem Grund ächzte Europa nach dem Weltkrieg unter der Schuldenlast und den Geldabflüssen aus ihren Volkswirtschaften. Die Reparationszahlungen führten immer wieder zu Problemen. Sie schadeten der französischen und englischen Wirtschaft, weil diese Reparationszahlungen z.Tl. in Gütern geleistet wurden, gegen die sie dann preislich nicht konkurrieren konnte. Gleichzeitig mussten die Siegermächte in Europa wiederum ihre Schulden beim Kriegshelfer USA begleichen, so dass sie auch nicht auf die Zahlungen Deutschlands verzichten konnten. Und der deutschen Wirtschaft schadeten die Reparationszahlungen, da viel mehr erwirtschaftet werden musste, als dem Land blieb. Durch die Produktion wurde kaum Geld erwirtschaftet, weil es gleich wieder abfloss. Eine weitere Folge war eine horrende, schnell ansteigende Verschuldung des deutschen Staates. Dieser versuchte, diesem Problem durch Steuererhöhung und Geldmengenerhöhung Herr zu werden. Durch diese wiederum wurde dann die Inflation verursacht, die 1923 durch eine Geldmengenerhöhung auf 10 Trillionen Mark ihren Höhepunkt fand. (sinngemäß nach: Streb, 2009). Zwischen 1914 und 1923 wuchs in Deutschland eine trabende Inflation zur Hyperinflation, die Wirtschaft kollabierte und das förderte radikalte politische Kräfte. Nicht umsonst fand Hitlers erster Putschversuch 1923 statt.

Danach hat die Regierung der USA erzwungen, dass die Reichsmark an Goldreserven gebunden wird, was zunächst eine stabile Währung garantierte, in der Folgezeit aber zunehmend zu deflatorischen Effekten führte. Für die Reparationszahlungen wurde der Young-Plan erarbeitet, der realistische Zahlungshöhen für die Reparationen vereinbarte, aber bis ins Jahr 1983 gereicht hätte. Er trat 1929 in Kraft. Da aber kam der Zusammenbruch der amerikanischen Börse.

In der Folge forderte die USA sofortige Rückzahlungen von Schulden in Goldreserven, um die eigene Finanzsituation zu retten. Dadurch aber wurde die Geldmenge der Reichsmark um gut ein Drittel reduziert, was eine massive Deflation und wirtschaftliche Depression hervorrief. An diesem Punkt war Deutschland wirtschaftlich am Boden und die Bevölkerung fühlte sich von Politik und Finanzwirtschaft verraten. Laut Sozialforschern fühlte sich die Mehrheit der Deutschen auch durch die Zuweisung der Alleinschuld am 1. Weltkrieg und durch den Versailler Vertrag quer durch alle Bevölkerungsschichten ungerecht behandelt. Und jetzt kam diese unverschuldete Krisensituation hinzu. Bis 1933 wuchs die Zahl der Arbeitslosen auf 6 Millionen, wohl fast eine Million waren ohne Sozialgelder, sie lebten auf der Straße. Ab 1929 wurden also die radikalen Kräfte abermals stärker und die Sehnsucht nach einer Zukunft ohne Armut und Elend war groß. Nicht nur in Deutschland. Die Weltwirtschaftskrise zerstörte die US-Wirtschaft für 3 Jahre, auch in den USA gab es massive Proteste, dort lag die Arbeitslosenquote 1931 bei 25%. In anderen Europäischen Ländern herrschte ebenfalls Armut und Arbeitslosigkeit.

Die Radikalisierung

Sowohl die kommunistische KPD als auch die rechtsradikale NSDAP wurden stärker, auf den Straßen tobten Kämpfe zwischen Links und Rechts. Der Reichstag wurde wieder und wieder aufgelöst, es gab Neuwahlen. Schließlich versuchte Reichspräsident Hindenburg durch die Anwendung des Notfallparagraphen, eine Minderheitsregierung unter Reichskanzler Brüning aufrecht zu erhalten. Aber die Politik war inzwischen nur begrenzt handlungsfähig und traf keine mutigen Entscheidungen, die aus der Krise herausführen hätten können. Bei der Reichstagswahl 1928 erreichte die KPD 10,6%, die NSDAP 2,6% bzw. 12 Sitze. 1930 lag die KPD bei 13,2%, die NSDAP war mit 18,3% zweitstärkste Kraft geworden. 1932 war die NSDAP mit 37,3% stärkste Kraft im Parlament, die KPD mit 14,3% war drittstärkste Kraft, hinter der SPD. Die Zentrumspartei von Reichskanzler Brüning erreichte nur 12,4%.  Die radikalen Parteien erreichten also 51,5%. Das ist ein klares Zeichen dafür, wie sehr die Bevölkerung über die damaligen Verhältnisse erbost waren. Die NSDAP verstand es, Menschen für die Hitlerjugend, „Kraft durch Freude“ und andere Organisationen zu gewinnen und ihnen das Gefühl von Gemeinschaft zu geben, und über Aktionen wie den „Eintopfsonntag“, dass für sie eine bessere Zukunft gestaltet werden würde. Auch tat es der Bevölkerung gut, das Gefühl der Unterlegenheit durch das Gefühl der Überlegenheit, die durch die NSDAP propagiert wurde, zu ersetzen. Wer mitmachte, bekam Anerkennung, Orden noch und nöcher und hatte das Gefühl, etwas sinnvolles zu leisten. Wer nicht dabei war, wurde abgewertet und unterdrückt. Die KPD war damals auch keine friedfertige Partei, wendete durchaus Gewalt an und strebte eine Diktatur eines proletarischen Rates an, also ebenfalls die Anschaffung der Demokratie. Auf 1933 zugehend war die NSDAP ihrerseits in einem so großen Maß gewalttätig, dass sich kaum jemand mehr wagte sich gegen sie zu erheben. Bei der letzten Wahl 1933 war die KPD und die SPD bereits durch die NSDAP mehr oder weniger zerschlagen. Als sie schließlich an der Macht war, wurden Anhänger politisch anderer Meinungen verhaftet, verfolgt und in KZs gebracht. Eine Atmosphäre der Denunziation brachte für jeden Andersdenkenden ein großes Risiko, also schwiegen die meisten.

Der Rest ist dunkle Geschichte.

Nochmal kurz ins „Heute“: USA

Erschreckend ist, wenn man Donald Trump und seinen Anhängern zuhört. Er propagiert einen politischen Plan namens „America first“. In den 1930er Jahren gab es eine gleichnamige Nazi-Bewegung in den USA, die mit Hakenkreuzen und Nazi-Symboliken ähnlich bösartig war wie die NSDAP in Deutschland, sich nur politisch nicht durchsetzen konnte. Inhaltlich ist Trump zwar (bisher?) nicht antisemitisch aber ganz klar nationalistisch und forderte seine Anhänger u.a. in einer Rede dazu auf, seinepolitischen Gegner zu verprügeln. Er bezahle dann den Anwalt. Anhänger Trumps argumentieren, dass er, wenn er an die Regierung kommt sowieso vieles von dem was er sagt nicht machen würde. Genau das Gleiche hörte man damals von Hitler-Anhängern. Sie glaubten, er übertreibe, doch was er in „mein Kampf“ formuliert hatte, meinte er ernst. Man kann nur hoffen, dass Trump nicht der nächste Hitler der Welt wird, am Besten, indem er überhaupt nicht gewählt wird.

 

Wie es zur Akzeptanz der Vernichtung kam

Wie es zur Akzeptanz der Vernichtung kam

Nach Forschungen von Soziologen, die mit den US-Soldaten nach Deutschland kamen (z.B. Saul Padover US-Spezialist für psychologische Kriegsführung), war eine kleine Minderheit in Deutschland judenfeindlich. Jedoch schaute eine große Mehrheit bei dem was geschah weg und tat nichts. Das NS-Regime begann zunächst mit Euthanasie für Behinderte. Behinderte die keine Verwandten hatten oder wenig Besuch, wurden aus den Heimen geholt, angeblich in ein anderes Heim gebracht. In Wahrheit wurden sie aber getötet, es war der Anfang der KZs. Die Euthanasie war laut Berichten zur damaligen Zeit gesellschaftlich durchaus diskussionsfähig. Es gab damals viele, die ein „nicht lebenswertes Leben“ zu beenden befürworteten. Mit dieser Mischung aus Akzeptanz, dem Verstecken der Gräueltaten abseits der Heime und der Angst zur Repressalien machte das NS-Regime die Erfahrung, dass man Menschen aus der Mitte der Gesellschaft herausholen und töten kann, ohne dass die Bevölkerung dagegen vorgeht. Das war deren Ermutigung, später mit Juden ähnlich zu verfahren.

Viele in der Bevölkerung bekamen nicht mit, was da geschah. Aber viele ahnten und wussten es und sie taten nichts dagegen.

Wichtig ist also zu verstehen, dass ein Wegsehen bei politischen Entscheidungen eine Dynamik in Gang setzen kann, die dann im Wegsehen bei Morden enden kann. So ein Weg darf nicht mehr beschritten werden und wir stehen heute wieder vor Entwicklungen, die es jetzt zu stoppen gilt.

 

Was können wir heute daraus lernen?

Letztenendes hat Hitler die Macht erlangt, weil Deutschland in eine tiefe wirtschaftliche Depression geriet und weil die politischen Akteure dieser Zeit wieder und wieder Entscheidungen gegen die Bevölkerung getroffen haben. So wuchsen die radikalen Kräfte in ganz Europa, vor allem aber im besonders betroffenen Deutschland, die Hitler kanalisierte und dann ein ganzes Volk in ein noch dunkleres Zeitalter führte.

Die entscheidende Frage ist also nicht in erster Linie, wie man Radikale bekämpft. Sondern wie man die Verhältnisse vermeidet, die zur Radikalisierung führen. Also stellen sich die Fragen: Warum kam es zu den Missverhältinisssen im Vermögen, zu den Entscheidungen die in die Wirtschaftsdepression geführt haben, zu nationalistischen Anfeindungen, obwohl das Problem doch ganz Europa betraf? Und wie können solche Entwicklungen heute vermeiden?

Lassen wir jemand eine Antwort geben, der erfolgreich geholfen hat, Wohlstand und Wachstum für eine Nation zu verwirklichen.

Ein paar Worte von Ludwig Erhard über die Vorkriegsverhältnisse und was zur Überwindung zu tun ist

Ludwig Erhard sah die beschriebenen Entwicklung vor den Weltkriegen kritisch und sah sie mit als Ursache für die folgende politische Entwicklung. Lassen wir ihn einmal dazu ausführlich zu Wort kommen: „In den letzten Jahrzehnten des neunzehnten Jahrhunderts zeigten sich jedoch in zunehmendem Maße Erscheinungen, die einerseits die Wirksamkeit der Marktwirtschaft behinderten, andererseits zu verstärkten sozialen und damit auch politischen Spannungen führten.“ [Erhard, 2009, „Wohlstand für Alle“, S. 168]   Was er mit „Marktwirtschaft behinderten“ meinte war, dass große Konzerne und Finanzgruppen die Marktwirtschaft aushebelten.

Und:    „… daß ich es für abwegig halte und mich deshalb weigere, die hergebrachten Vorstellungen der früheren Einkommensgliederung neu aufleben zu lassen. So wollte ich jeden Zweifel beseitigt wissen, daß ich die Verwirklichung einer Wirtschaftsverfassung anstrebe, die immer weitere und breitere Schichten unseres Volkes zu Wohlstand zu führen vermag. Am Ausgangspunkt stand da der Wunsch, über eine breitgeschichtete Massenkaufkraft die alte konservative soziale Struktur endgültig zu überwinden.
Diese überkommene Hierarchie war auf der einen Seite durch eine dünne Oberschicht, welche sich jeden Konsum leisten konnte, wie andererseits durch eine quantitativ sehr breite Unterschicht mit unzureichender Kaufkraft gekennzeichnet. Die Neugestaltung unserer Wirtschaftsordnung mußte also die Voraussetzungen dafür schaffen, daß dieser einer fortschrittlichen Entwicklung entgegenstehende Zustand und damit zugleich auch endlich das Ressentiment zwischen ‚arm‘ und ‚reich‘ überwunden werden konnten. Ich habe keinerlei Anlaß, weder die materielle noch die sittliche Grundlage meiner Bemühungen mittlerweile zu verleugnen. Sie bestimmt heute wie damals mein Denken und Handeln.“ [S. 15]  (Hervorhebungen durch den Autor)   ….  „Ich werde daher nie müde werden, dafür zu sorgen, daß die Frucht des wirtschaftlichen Fortschritts immer breiteren und am Ende möglichst allen Schichten des Volkes zugute kommt.“ [S. 257]

Erhard schlägt also eine Wirtschaftspolitik vor, die die Nachfrage (Massenkaufkraft) stärkt und Vermögen breit verteilt. Das ist das genaue Gegenteil der Austeritätspolitik oder dem Unsinn, der heute unter dem irreführenden Begriff „Strukturreformen“ verbreitet und durchgesetzt wird.

Hören wir auf, jenen, die in den Abgrund geführt haben zu glauben.  Und beginnen wir das zu tun, was die getan haben, die aus dem Abgrund herausführten – beispielsweise Theodore Roosevelt oder Ludwig Erhard. Oder wählen wir andere Alternativen. Aber bitte lasst uns endlich aus dem Fahrwasser des Wahnsinns aussteigen!

 

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About CU_Mayer

Über den Autor Nach Beginn im kaufmännischen Zweig studierte Dipl.-Ing. (FH) Christoph Ulrich Mayer, geboren 1968 in Krumbach (Schwaben), Nachrichtentechnik. Er arbeitete mehrere Jahre als Ingenieur und Projektleiter, bevor er sich 2001 mit Ingenieur-Dienstleistung, Unternehmensberatung & Coaching selbständig machte. Seit ca. 15 Jahren arbeitet er als Systemischer Coach. In dieser Zeit lernte er die unterschiedlichsten Denkweisen und Wertesysteme, auch anderer Kulturen, kennen und entwickelte somit einen Weitblick für gesellschaftliche Zusammenhänge. Durch die Beratungsarbeit in Unternehmen kennt er zudem viele Hintergründe, die die Wirtschaftsprozesse besser verstehbar machen. In jahrelanger intensiver Arbeit verfasste er das Buch "Goodbye Wahnsinn - vom Kapitulismus und Kommunismus zum menschenGerechten Wirtschaftssystem". Auf unorthodoxe Weise setzt er sich mit Lehren von Adam Smith bis Karl Marx und mit Sichtweisen von Norbert Blüm bis Sarah Wagenknecht auseinander. Sein Anliegen ist, mit seinen Erkenntnissen und Lösungen zu zeigen, dass wir eine bessere - eine nachhaltigere - Zukunft wählen können.

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